Die Emporenbilder in der St. Marienkirche zu Bernau
Eine ausführliche Dokumentation, über die Emporenbilder in der St. Marienkirche Bernau, ist als Buch (Softcover) erhältlich. Format 148 x 210 mm, 144 Seiten mit 86 farbigen Abbildungen und Lageskizze. Erhältlich ist das Buch am Büchertisch in der Kirche bzw. über Hr. Nentwig (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!) o. Fr. Braun (Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!) per E-Mail. Der Preis beträgt
9,80 Euro. Gegebenenfalls kommen noch Versandkosten dazu.
Inhaltsverzeichnis…
Inhalt
Seite
Emporen. Architektur und Gestaltung
7
Literatur
15
Emporenübersicht St. Marien zu Bernau
19
Thematische Gliederung der Bilderfolge
20
Katalog-Schema
21
Emporenbilder Nr. 1-74
22
• Urgeschichte
22
• Abrahamgeschichte
34
• Jakobs- und Josephgeschichte
49
• Mosegeschichte
76
• Bücher der Geschichte des Volkes
111
• Neues Testament
137
Emporenübersicht St. Marien zu Bernau
143
Wissenswertes
Unter Empore ist eine tribünen- oder galerieartige Anlage in Kirchenräumen zu verstehen, die auch die Form eines Kirchengeschosses haben kann und dann als Seitenkapelle oder Chor genutzt wird. Umgangsemporen leiten sich vom Chorumgang aus der französischen Kathedralgotik ab und führten auch als Dachung der Wandpfeiler-Kapellen zum Hallenchor. Balkonemporen finden sich insbesondere im Westwerk als Orgelemporen.
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In der Dissertation und Monographie von Sandra Danicke ist hierzu ausgeführt: „...Ausschlaggebend für die Bezeichnung eines Hochgeschosses als Empore ist sein Querschnitt. Nach Rave unterscheidet man zwischen echten, halbechten, unechten und Scheinemporen. Obwohl Rave seine Definition selbst nur auf Basiliken anwendet, eignet sie sich ebenso für Hallenkirchen. Weder Tribünen, Oratorien, Triforien noch Laufgänge oder Zwerggalerien sind als Emporen zu bezeichnen....so bezeichnet der Begriff „Emporenkirche“ doch ausschließlich sakrale Längsbauten aus der Zeit des ausgehenden Mittelalters, in denen seitliche Emporen Teil der Gesamtkonzeption sind... - Während in den französischen Bauschulen sich die Emporenkirchen zu fest umrissenen Gruppen zusammenschließen, ist dies in Deutschland nicht der Fall. Es scheint, dass die Emporen nach Bedarf oder kirchlicher Zugehörigkeit errichtet wurden, nur zuweilen aus künstlerischen Gründen. Emporen finden sich weniger in den großen richtungsweisenden Bauten als in kleinen Stifts- und Pfarrkirchen. Mit dem vollen Einbruch der Gotik in Deutschland im zweiten Drittel des 13. Jahrhunderts fand die Geschichte der Langhausemporen hier ihr vorläufiges Ende. Lediglich die Westempore findet man in den Kirchen des 13. und 14. Jahrhunderts, besonders in Franken. Diese waren in der Regel für die Orgel bestimmt. - Festzuhalten bleibt, dass die Entstehung der Emporen auf verschiedene Gesichtspunkte zurückzuführen ist. Eine Vergrößerung der Bodenfläche für die Teilnehmer am Gottesdienst kann höchstens für kleinere Pfarrkirchen des frühen Mittelalters geltend gemacht werden sowie für die an den großen Pilgerstraßen liegenden Kirchen. Weiterhin dienen die Emporen wie etwa im Limburger Dom als Prozessionsweg. Allerdings lässt sich die Errichtung von Emporen zu diesem Zweck für das Mittelalter nicht definitiv nachweisen. Die Anlage von Emporen aus ästhetischen Gründen belegen die gleichzeitig errichteten Scheinemporen. Vor allem in Frankreich kann eine künstlerische Betonung des Gliederbaus geltend gemacht werden. Hinzu kommen statische Gründe. Die Empore diente vor allem in Gewölbebauten dazu, die Gewölbe des Mittelschiffs zu widerlagern und deren Seitenschub abzufangen (diesen Effekt konnte man aber auch mit anderen Mitteln erreichen). Da jedoch für jeden der angeführten Bautypen gleichzeitige Bauten mit gleicher Funktion aber ohne Emporen existieren, kann die Empore nicht ausschließlich vom Zweck her, sondern muss sie zugleich als Element künstlerischer Raumgestaltung erklärt werden. In keinem Fall ist sie absolut zwingend..."Die reformatorische Kritik galt dem Ablasshandel und der Reliquienverehrung. Heiligen- und Marienbilder, die zu kultischen Objekten geworden waren, sollten nicht mehr angebetet werden, wie auch die Heilserwartung in Wallfahrtsorten abgelehnt wurde. Der Schwerpunkt der Verkündigung und Glaubenswahrnehmung sollte vom Bild zum Wort verschoben werden.
Jedoch ist für Luther nicht das Schaffen eines Bildes verboten, sondern - unter Berufung auf das erste und zweite Gebot, die für ihn ein einziges Gebot sind - lediglich sein Anbeten: „...Luther schrieb 1525, dass man Bilder zum ansehen, zum zeugnis, zum gedechtnis, zum zeychen lassen möge“. Also Bilder als Illustration oder Darstellung, nicht als Kultobjekt.
Zwingli lehnte Bilder dann ab, wenn sie durch den Bildinhalt (Gott, Christus) und den Aufstellungsort (Kirche) zur Götzenanbetung verleiteten, während Calvin das Bild Gottes in der Kirche deshalb verwarf, weil sich Gott in ihm nicht offenbare und weil das Bild von der Wortverkündung ablenke. Gegenüber den Lutheranern sind demnach die Calvinisten wesentlich bildkritischer und nähern sich eher dem traditionellen Bilderverbot des Islam, der sich auf Vers 24 der 59. Sure beruft: „Er ist Allah, der Schöpfer, der Erschaffer, der Bildner...“.
Nach Schumann sollten Bilder in protestantischen Kirchen im Sinne Luthers nur biblische Ereignisse zum Inhalt haben. Der Altar sollte mit Darstellungen des letzten Abendmahls, der Kreuzigung und der Auferstehung versehen sein, die Kanzel Christus und die vier Evangelisten zeigen und die Taufe die Taufe Christi oder die Segnung der Kinder.
Nachträglich eingebaute Emporen, was an ihrem Verlauf vor Bögen und Pfeilern und ihrer Abstützung erkennbar ist, sind insofern eine protestantische Besonderheit, als sie der Sitzplatzgewinnung dienen. In der katholischen Kirche fand sich vorreformatorisch Gestühl nur im Chorraum. Und so ergab sich mit den installierten Brüstungen ein Platz für künstlerische Gestaltung. Dem lutherischen Konzept entsprechend erfolgte im (16. und) 17. Jahrhundert die figürliche und verschiedenenorts hoch qualifizierte Bemalung (Annaberg, Berlin-Karow, Bernau, Nieder Seifersdorf, Steinbach-Hallenberg, Wusterhausen) ausschließlich mit biblischen Szenen.
Später im 18. Jahrhundert mit einem meist barocken Emporenaufbau ließen die Ansprüche an die Qualität der Bildgestaltung über betuchte Spender (Stifter) für die Bezahlung anspruchsvoller Maler(werkstätten) nach. Es ist anzunehmen, dass auch die wirtschaftliche Lage der Gemeinden nach dem dreißigjährigen Krieg eine kostspielige Ausgestaltung der Gotteshäuser nicht mehr erlaubte. So sind Emporenbrüstungen oft nur mit Ornamenten verziert (Hohnstein). Die klassische, mittelalterliche und aufwändige Emporenmalerei, welche hier in der St.Marienkirche zu Bernau besichtigt werden kann, ist spätestens in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts ausgeklungen. Eine bemerkenswerte Ausnahme bilden die sechs hervorragenden Emporenbilder von Conrad Felixmüller (1897 – 1977) in der Kirche St. Jacobus zu Tautenhain, die er 1952 fertiggestellt und der Gemeinde als Dank für sein Asyl in der NS-Zeit geschenkt hat [5]. Die Emporenmalerei des 16., 17. und frühen 18. Jahrhunderts stellt somit den einzigen nachreformatorischen Bilderschmuck in protestantischen Kirchen dar, der interessante Einblicke in die zeitgenössischen Vorstellungen von der biblischen Geschichte gewährt.
An der Brüstung der 1614 in der Bernauer St.Marienkirche eingebauten Empore für die Handwerksgesellen der Schuster und Tuchmacher finden sich in ca. 6 Meter Höhe insgesamt 74 Bilder, deren Gestalten - und Einzelheiten erst recht - von unten nur mit einem Fernglas zu erkennen sind. Sie können deshalb nicht als bildliche Unterweisung im Sinne einer Bilderbibel der Analphabeten, einer biblia pauperum wie der des Kupferstechers Matthäus Merian (1627), sondern nur als künstlerischer, anspruchsvoller Schmuck verstanden werden. Das trifft z.B. noch mehr auf die Friedenskirche in Jauer (Schlesien) zu, in welcher Emporen in vier Etagen übereinander angeordnet sind, deren oberste Brüstung gut 15 Meter über dem Erdboden liegt. Hier werden in 143 Bildfeldern biblische Motive dargestellt, in 63 Bildern heraldische Hinweise auf die betreffenden Adelsfamilien.
In Bernau haben die Tafeln, welche den Rahmen für die auf Leinwand gemalten Bilder darstellen, ursprünglich unter dem Bild die Angabe der Bibelstelle, auf die sich die Darstellung bezieht, und darunter den Namen des Stifters des Bildes enthalten. Durch die Spende eines Bildes, für welches in Jauer z.B. ein Thaler und 6 Silbergroschen gezahlt worden waren, konnte sich der betreffende Sponsor werbewirksam produzieren und verewigen.
Nach der Beurteilung der Denkmalpflege sei eine teilweise Abweichung der Angabe auf der Schrifttafel von der vermutlichen Bibelstelle des betreffenden Bildes dadurch zu erklären, dass zu unterschiedlichen Zeiten Umbauten und Restaurierungen an den Emporen vorgenommen worden seien. Auch sind die Beschriftungen unter den Emporenbildern teilweise nur noch fragmentarisch erhalten oder fehlen ganz. Schließlich könnten in der ursprünglichen Beschriftung, deren Ausführung vermutlich nicht in einer Hand gelegen hatte, auch Fehler beim Bibelzitat unterlaufen sein.
Emporenbilder (Auszug)
Fotos: Denkmalpflege Berlin GmbH, E. Nentwig, U. Schöntube, U. Hasse
Lageskizze: W. Seifart